Heitere und nachdenkliche Lehrergeschichten aus früheren Zeiten sind oft genug kolportiert. Sie eignen sich zur Aufheiterung bei nicht selten vorkommenden verkrampften Situationen im Regelunterricht bei diversen Themen zur Aufklärung gemäß der geltenden Länderrichtlinien in allen Schulen aller Schularten … in allen Klassen ab der 1. bis zur letzten im Gymnasium und der Berufsschule mit volljährigen Schülerinnen und Schülern.
Der BLLV, Lehrerverband (m,w,d) Bayern veröffentlicht in der Seniorenvertretung „immä widdä a schös Gschichdla“
Schwierige Geschäfte
„Aber Fräulein, du musst mitgehn!“
2022 12 BS BLLV Klaus Neumann berichtet „a schwierix Gschäfdla“ aus der Schulzeit 1958
Ja, das dachte sich auch die Lehramtsabsolventin Sophia Schiller, als sie einige Tage nach Aushändigung ihres Zeugnisses über die bestandene Prüfung an der Lehrerbildungsanstalt (LBA) in Pasing eine Postkarte erhielt, auf der stand: ,,Sie haben Ihren Dienst am 2.9.1953 um 7:30 Uhr an der einklassigen Volksschule in Dingholding anzutreten.“
Sie war in München geboren worden, war in München aufgewachsen, hatte in München die Schulen besucht, in München studiert und ihr Lehrerexamen gemacht – und jetzt das! Die „Einklassige“ war schon in der LBA in den Gesprächen der Studentinnen und Studenten als eine Art „Vorstufe zur Hölle“ diskutiert worden.
Acht Schülerjahrgänge auf einmal zu unterrichten! Eine einzige Katastrophe! Wie sollte das denn gehen? Und noch dazu: Einsam auf dem Dorf zu leben, umgeben von „Menschen“, ohne Kaufhäuser, ja, und gar ohne Bäckerei und Metzgerei um die Ecke, ohne Bibliotheken und Konzertsäle? Natürlich hatte sie auch kein Auto, ja, nicht einmal einen Führerschein …
Aller Anfang ist schwer …
Und jetzt hatte das Lehrerverteilungsverfahren ausgerechnet sie getroffen!
Der Bürgermeister hatte sie überaus freundlich begrüßt, als er sie mit einem Fuhrwerk vom Bahnhof abholte. Während der Fahrt erfuhr sie, dass Dingholding 215 Einwohner hatte, auf 756 m Meereshöhe und 18 km weit weg von der Kreisstadt lag, dass es weder eine Bus- und schon gar keine Bahnanbindung gab. Als sie angekommen waren, übergab er ihr die Schlüssel für das Schulhaus und die Dienstwohnung und verabschiedete sich mit der Bemerkung „Damid’S uns ned glei vahungan!“ indem er ihr einige Eier und ein selbstgebackenes Brot überreichte.
Die Wohnung im Schulhaus war gar nicht so schlecht: Zwei Zimmer, eine Kammer und eine Küche. Es gab im Bad sogar ein Klosett mit Wasserspülung und eine Badewanne mit dazugehörigem Holzofen. Also richtete sie sich ein, so gut es ging … Einige ihrer Überlebensgrundlagen erwarb sie ab jetzt in einem Mini-Kramladen und die übrigen Viktualien – zum Teil sehr preiswert – bei den Bauern.
Aus den vorliegenden Aktenstücken ergab sich Folgendes: Sie würde an „ihrer Einklassigen“ 24 Schülerinnen und Schüler unterrichten müssen, die sich über alle acht Jahrgangsstufen verteilten: Zwei Erstklässer, drei Zweitklässer, drei Drittklässer usw. Jetzt muss man erwähnen, dass fast die Hälfte der Kinder von teilweise bis zu vier Kilometer entfernten, außerhalb von Dingholding gelegenen Höfen täglich in die Schule wandern musste.
Der Unterricht lief immer besser
Und dann ging es los! Aus einigen „Orientierungsstunden“ wurden etliche „Orientierungstage“, daraus wurden vier „Orientierungswochen“ – aber nach dem dritten „Orientierungsmonat“ lief das seltsame pädagogische Geschäft schon recht ordentlich. Ein Organisationsstundenplan war dafür die Grundlage: Stillarbeit mit blauer Tinte mit Arbeitsaufgaben für die Mehrheit, Direktunterricht – mit roter Tinte geschrieben – für Einzelne oder kleine Gruppen.
Die kleinen, die mittleren und die ältesten Schülerinnen und Schüler machten ihr die Arbeit so leicht wie möglich, es gab keinerlei Disziplinprobleme im Klassenzimmer.
Wenn sie den Finger auf den Mund legte und „Schschsch“ zischte, war Ruhe. Die Mütter und die Väter arbeiteten in allen kritischen Fragen mit dem ,,Fräulein Schiller“ nach besten Kräften zusammen. Die drei „Oberstufler“ des siebten und achten Jahrgangs – zwei Mädchen und ein Knabe – halfen den ganz Kleinen sowohl beim An- und Ausziehen, beim Abhören der Hausaufgabe im Lesen, beim Einmal- eins und spielt en mit ihnen auf der Pausenwiese.
Dafür wurden sie aber auch durch reichlich Direkt- unterricht in Sachkunde belohnt, worauf sie besonders scharf waren, weil ihr Fräulein halt gar so gut erzählen konnte. Der Unterricht hatte sich eingespielt und es lief von Tag zu Tag besser.
,,Schneeflöckchen, weiß Röckchen …“
Bis es einige Tage nach Allerheiligen erstmals ordentlich schneite. Als das Fräulein Schiller nach dem Aufwachen feststellte, dass der Schnee schon gut 15 Zentimeter hoch lag, musste sie sofort an ihren ABC-Schützen Sebastian denken, der von allen nur „Wasti“ genannt wurde. Ihr hatte er sich aber nach schüchterem Zögern, trotzdem aber überaus deutlich, als „Sebastian“ vorgestellt. Wie würde er seinen langen Weg überstehen?
Jedoch diese Bauernkinder waren schon einiges gewöhnt. Heute kamen zwar nicht alle pünktlich. Auch der Sebastian verspätete sich um eine knappe Viertelstunde.Aber wie sah der heute nur aus! Richtig wampert, ja, genauer gesagt, wie ausgestopft! Angesichts der Kälte und des unverhofft ausgebrochenen Winters hatte ihn seine Mutter wirklich reichlich mit diversen Kleidungsstücken eingehüllt.
Nach dem Morgengebet und den Hausaufgabenkontrollen mussten sich die Unterstufenschüler mit Schreibübungen beschäftigen, während das Fräulein Schiller mit den Fünft- und Sechstklässlern Multiplikationsübungen absolvierte und bei den Siebt- und Achtklässlern versuchte, ein gewisses Verständnis für das Prozentrechnen zu erwecken. Beinahe hätte sie in ihrem Eifer übersehen, dass der Sebastian sich gemeldet hatte. Er musste erst mit den Fingern schnipsen, ehe sie ihn wahrnahm.
2022 12 BS:BLLV a schwierix Gschäfdla VS 1958
,,Was ist denn los, Sebastian?“, fragte das Fräulein. ,,I muaß amoi naus!“, war die Antwort des Wasti. ,,Ja, na geh halt, wenn’s dir gar so pressiert …“ ,,Aber Freilein, du muaßd midgeh‘!“
Dabei winselte der Sebastian schon so weinerlich,dass sie wusste, dass da irgendetwas gar nicht im Lot war.
Als sie dann vor der schwarz angepinselten Urinierwand im Bubenklo standen, war alles klar: Der Sebastian musste erst ein wenig auf sein Geschäftchen vorbereitet werden. Erst war da eine Keilhose, bei der die Knöpfe des Hosentürls eines nach dem anderen geöffnet werden musste. Dann kam der Schlitz einer langen Unterhose zum Vorschein. Schlussendlich gab es darunter noch eine zweite lange Unterhose. Fräulein Schneeweiß gab sich alle Mühe, wühlte und suchte. Da sagte plötzlich der Sebastian und schielte sie von unten her schelmisch an: ,,Aber wanns’d eam hosd, na‘ gibsd ma’n fei!“
Ab sofort betrachtete die Kollegin ihre einklassige Schule mehr von der heiteren Seite.
S. 24 in: BLLV 60 … und mehr, 3/2022 Klaus Neumann
Der Sexualstraftäter von Peter Rucktäschel (a.a.O. 2023/7)
Anfang der 70er Jahre hatte ich eine 8. Klasse. Unser Unterrichtsraum befand sich im Untergeschoss, in dem sich auch die Fachlehrräume befanden. Nach der großen Pause herrschte große Aufregung: Hatte doch ein Schüler aus meiner Klasse beim Pausehofgang auf der Kellertreppe unserer Hauswirtschaftslehrerin im Vorbeilaufen frech auf den Po geklatscht! Sofort wurden Ermittlungen zur Aufklärung des unverschämten Vorfalls aufgenommen. Es ergab sich: Die junge Kollegin war erst in diesem Schuljahr zu uns gekommen. Klein, schlank mit schulterlangen blonden Haaren. Aber auch in der Klasse gab es ein kleines, schlankes Mädchen mit schulterlangen blonden Haaren. Nun war uns allen klar, wem der Poklatscher gegolten hatte, so dass Lehrerin, Rektorin und ich über die verruchte Tat nur lachen konnten. Oder wären wir vielleicht verpflichtet gewesen, den Vorfall polizeilich anzuzeigen?
… und für die, die noch weiter in die Schulgeschichte zurück blicken können, gerne auch in Sütterlin:
Vielleicht hatten Sie während Ihrer Schulzeit auch ein nettes Erlebnis, das Sie aufschreiben und uns
schicken könnten. Ich würde mich sehr über Ihre Lehrergeschichte freuen.
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