Würzburg/London – Mit ihrem „Hite Report“, der sich rund 50 Millionen Mal verkaufte, zählt Shere Hite zu den Pionierinnen der feministischen Sexualforschung. Am 9.9.2020 ist die bekannte Feministin im Alter von 77 Jahren gestorben. Ihr Ehemann Paul Sullivan bestätigte dem „Guardian“ den Tod seiner Frau. In den 70er Jahren machte sie erstmals den weiblichen Orgasmus in der breiten Öffentlichkeit zum Thema. Durch eine Befragung Tausender Frauen fand sie heraus, dass viele das Eindringen eines Penis in die Vagina nicht unbedingt als zielführend empfanden, um einen Orgasmus zu erleben. Die Erkenntnis sorgte für Aufregung und Empörung und machte Hite bekannt. Die in den USA geborene Soziologin hatte in jungen Jahren einmal nackt an einer Schreibmaschine für den „Playboy“ posiert. Nach heftigen Protesten über die Bildunterschrift („Die Maschine ist so schlau, dass sie es nicht sein muss“), denen sie sich auch anschloss, wurde sie zu einer wichtigen Stimme des Feminismus. Nach massiver Kritik in ihrer Heimat legte Hite ihre US-amerikanische Staatsbürgerschaft in den 90er Jahren ab und nahm die deutsche an. Hite lebte an verschiedenen Orten Europas, bevor sie sich mit ihrem zweiten Ehemann, Paul Sullivan, im Norden Londons niederließ. (dpa, Quelle: MP Würzburg, 14.9.2020, S. 14)
Die DGG unterstützte 2019 das Nobel-Nominierungsverfahren für Literatur für Dr. Shere Hite – Nach Nobels Testament soll mit dem Preis für Literatur ausgezeichnet werden, wer „das Vorzüglichste in idealistischer Richtung geschaffen hat“. Ende September des Vorjahres bittet jeweils das Nobelkomitee sechs- bis siebenhundert ausgewählte Personen und Institutionen weltweit um Kandidatenvorschläge für den Literatur-Nobelpreis des kommenden Jahres. Fristgerecht reicht die Deutsche Gesellschaft für Geschlechtserziehung DGG eV zum Nobel – Nominierungsverfahren für Literatur einen Antrag für die Kandidatin Dr. Shere Hite ein.
Nach unserer fundierten Begründung bin ich auch persönlich davon überzeugt, dass sie die beste Kandidatin für die Nominierung darstellt. Die vorherrschende männliche Sicht hat sie durch die weibliche nicht unmaßgeblich ergänzt. So ist die wissenschaftliche Wahrheit ein Stück mehr Realität. Die Prämierung der literarischen Lebensleistung wäre die Identifizierung für ein großer Schritt vorwärt im 20. Jahrhundert. Allein dafür sollte Dr. Hite prämiert und geehrt werden. Dass sie nun schon aus dieser Welt gehen musste, betrübt uns. Ihre Wahrheiten werden bleiben als Forschungsgegenstand und beständige Herausforderung für die Sexualwissenschaft, – als bereicherndes Vermächtnis für unser aller Sexualleben.
Linus J. Dietz